Anwaltskanzlei Meusel
gegründet am 01. Juli 1990

Neuigkeiten


Zurück zur Übersicht

21.02.2023

"Neu ab 2023: Notvertretungsrecht von Ehegatten

Eheleute können sich im Notfall gegenseitig vertreten, bekommen medizinische Auskünfte und
haben Entscheidungsrechte? Diese Thesen gehörten zu den typischen Irrtümern im Familienrecht -
bislang! Denn nun, mit dem 01.01.2023, hat das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und
Betreuungsrechts ein Ehegattennotvertretungsrecht mit einer Maximaldauer von sechs Monaten
eingeführt.
Dieses Notvertretungsrecht beginnt, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner aufgrund
von Bewusstlosigkeit oder Krankheit handlungsunfähig wird und ein Arzt das bescheinigt. Die
Regelung gilt für Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner, die nicht getrennt voneinander leben.
Dabei ist eine Heimunterbringung kein Getrenntleben, sofern sich keiner von beiden mit
Trennungswillen von der Ehe abwendet.
Der Ehegatte des oder der Betroffenen muss dem Arzt unterschreiben, dass er nicht getrennt lebt,
nichts von vorrangiger Vorsorgevollmacht, Betreuung und dergleichen weiß und die
Sechsmonatsfrist nicht bereits durch eine andere Bescheinigung eines Arztes begonnen hat.
§ 1358 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Bürgerliches Gesetzbuch zählt abschließend die Angelegenheiten der
Gesundheitssorge auf, in denen eine Vertretung durch Ehegatten erfolgen kann. Das sind typische
Entscheidungen und Maßnahmen während einer sogenannten Akutphase. Er erfasst neben den der
Gesundheitssorge im engeren Sinne dienenden Maßnahmen auch Rechtsgeschäfte, die im engen
Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen und häufig zügig nach dem Beginn der
Handlungsunfähigkeit anfallen. Aus dem Gesetzeszweck und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
ergibt sich eine Beschränkung auf unaufschiebbare Maßnahmen und auf das, was medizinisch
notwendig ist (z.B. keine Schönheits-OP).
Folgende Einschränkungen gilt es jedoch zu beachten:
Das Notvertretungsrecht erlischt, wenn die vertretene Person wieder fit ist, oder spätestens nach
sechs Monaten. Diese Frist startet mit der ärztlichen Bescheinigung der
Einwilligungsunfähigkeit und beginnt nach lichten Momenten (z.B. bei Demenz) nicht erneut.
Allerdings kann die Frist durch eine neue Krankheit (z.B. zuerst Verkehrsunfall, dann
Schlaganfall) wieder neu beginnen bzw. sich verlängern.
Der Ehegatte kann die Vertretung auch ablehnen. In solchen Fällen wird dann ein
Betreuungsverfahren eingeleitet.
Wenn es eine Vorsorgevollmacht oder gar eine gerichtlich angeordnete Betreuung für die
Gesundheitsfürsorge gibt, scheidet das Ehegattenvertretungsrecht aus.
Das Vertretungsrecht umfasst nur Untersuchungen des Gesundheitszustands, Heilbehandlungen
oder ärztliche Eingriffe sowie damit in Zusammenhang stehende Verträge und die
Geltendmachung von Rechten - zum Beispiel bei Versicherern. Ärzte haben keine
1
Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten (Apotheker und andere Gesundheitsberufe sind im
Gesetz nicht genannt).
Das Notvertretungsrecht räumt keine Kontovollmacht ein, so dass ohne eine vorher explizit
erteilte Vollmacht oder ohne eine bereits erfolgte Errichtung eines gemeinsamen Kontos keine
Rechnungen beglichen werden können.
Hinweis: Der Rat, lieber eine individuelle Vorsorgevollmacht zu errichten, bleibt aktuell. Denn das
Ehegattenvertretungsrecht ist sowohl inhaltlich als auch zeitlich beschränkt.
Quelle: astii@deubner-verlag.de"



Zurück zur Übersicht





Informationen zum Datenschutz nach der Europäischen Datenschutzgrundverordnung finden Sie unter dem Rubrik "Datenschutz".